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Die Mythodrama-Methode
Beim Mythodrama handelt es sich um ein Gruppentherapieverfahren, das von Allan Guggenbühl (www.ikm.ch) entwickelt wurde (Guggenbühl 1999). Es basiert auf den Ideen des Psychodramas von Jakob Levis Morenos und der analytischen Psychologie C.G. Jungs.

Im Mythodrama wird die Idee umgesetzt, dass das Verhalten des Menschen auch von kollektiven Prozessen gesteuert wird und nicht nur das Resultat seiner persönlichen Biographie, seines Willens oder Ausdruck seiner Persönlichkeit ist. Wenn wir mit Gruppen arbeiten, sei es in der Gruppenpsychotherapie, Konfliktmoderation oder Teamarbeit, dann muss die Methode die kollektiven Dynamiken berücksichtigen. Sie manifestieren sich vor allem in den Gruppen, mit denen wir uns seelisch identifizieren. Es handelt sich um Erzählungen oder Geschichten, die von der archetypischen Konstellation der Gruppe produziert oder ausgewählt werden. Sie werden zitiert, wenn die Gruppe oder das Kollektiv neue Herausforderungen bewältigen muss, bedroht wird oder ein Trauma verarbeiten muss. Im Kollektiv haben sie die Funktion von axiomatischen Erklärungen.
Das Mythodrama zeichnet sich durch eine Methodik aus, die dieser seelischen Tiefenstruktur gerecht wird. Im Gegensatz zum Psychodrama wird nicht mit individuellen Situationen gearbeitet, sondern mit dem zentralen Mythos der Gruppe. Der Mythos, der die Gruppe zusammenhält, steht im Zentrum der Arbeit. Eine mythodramatische Sitzung zeichnet sich durch einen genauen Ablauf aus: Problemdefinition, Einstimmung, Geschichte-Mythos, Imagination, Darstellung oder Bearbeitung, Reflexion und schliesslich konkrete Umsetzung oder Massnahme.
Zuerst müssen die Gruppenteilnehmer ihr persönliches Problem oder das der Gruppe identifizieren. Als Nächstes erzählt der Gruppenleiter eine Geschichte. Die Geschichte wird frei erzählt, damit sich der Inhalt je Gruppenstimmung verändert kann. Die Geschichte dient als Medium des Kontaktes und nicht als Lehrgeschichte. Oft wird die Geschichte durch mental
movers angereichert. Es handelt sich um kleine unwahrscheinliche, bizarre oder unlogische Details, die wie selbstverständlich in die Geschichte eingebaut werden und als Irritationen wirken sollen. Beim Mythodrama wird die Geschichte nicht zu Ende erzählt, sondern der Schluss wird offengelassen. Der Zuhörer wird aufgefordert, sich den Schluss selber zu imaginieren. Dieser Imaginationsphase folgt die Darstellungs- oder Bearbeitungsphase. Diese erfolgt je nach Aufgabe oder Herausforderungen der Gruppe anders. Der Schluss der Geschichte kann auch in Zeichnungen dargestellt werden. In der letzten Phase des Mythodramas werden die gespielten Enden oder die Bilder symbolisch gedeutet und auf die Ausgangsfragestellung bezogen. Das Problem oder die Fragestellung, die am Anfang der Sitzung von der Gruppe oder von den Einzelnen festgehalten wurde, wird mit Hilfe des durch den Gruppenprozess produzierten Materials neu gesichtet. Dank der spontanen Dramen und Zeichnungen können eigene Ressourcen gefunden werden. Es gelingt den Gruppenmitgliedern auch durch das Spiel, sich mit dem Mythos der Gruppe kreativ und kritisch auseinanderzusetzen. Seinem Ansatz steht die Wahl und Inszenierung von selbstgewählten Rollen aus einem Drama von Shakespeare im Vordergrund. Durch das anschliessend geleitete Spiel werden neue innere Ressourcen entdeckt und Handlungsperspektiven für die eigene Arbeit gewonnen.
Literatur Guggenbühl, Allan: Mythodrama. Edition IKM, Zürich 1999 Guggenbühl, Allan: Männer, Mächte, Mythen. Raben-Reihe, IKM Guggenbühl AG, Zürich 1998 Hübner, Kurt: Die Wahrheit des Mythos. Beck, München 1985 Singer, Thomas (Ed.): The Vision Thing. Myths, Politics and Psyche in the Word. Routledge, London 2000.

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Bericht vom Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Bern, vom 30.12.2020.
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